Blick in die Fasaneriepassage | Foto: Sven Strobel © ROPE

Eigentlich ist Kranichstein doch 'nur' ein Wohnstandort – oder? In den 60er Jahren als reine Wohnsiedlung geplant (Grundsteinlegung für den ersten Wohnblock war 1968) ist Kranichstein heute ein Stadtteil, der eine Sprachen- und Kulturvielfalt besitzt, die kein anderer Stadtteil Darmstadts aufzuweisen hat.

Außerdem ist Kranichstein der jüngste Stadtteil Darmstadts. Hier leben überdurchschnittlich viele Familien. Kranichstein verfügt über ein großes Angebot an Jugendtreffs, Kindergärten und Kindertagesstätten.

Die Erich Kästner-Schule mit Grundschule und Integrierter Gesamtschule bietet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, von der ersten bis zur zehnten Klasse in ihrem Stadtteil die Schule zu besuchen.

Also ein ganz normaler Wohnort? Weit gefehlt! In Kranichstein gibt es nach einer Analyse der Gewerbestruktur und einer Unternehmensbefragung, die wir im Rahmen des Projekts Netzwerk ABBA in 2010 durchgeführt haben, rund 150 Unternehmen und Institutionen!

Der größte Teil der von uns befragten Unternehmen kommt aus den Bereichen Einzelhandel, Öffentliche Verwaltung, Medizin und Sozialwesen. Was wäre ein Wohngebiet auch ohne Geschäfte für den täglichen Einkauf, medizinische und soziale Versorgung sowie wohnortnahe Verwaltung? Diese Institutionen und Unternehmen sind zugleich ein wichtiger Umfeldfaktor für Ausbildung, Arbeit und Beruf

Von den befragten Unternehmen und Institutionen in Darmstadt-Kranichstein bieten zurzeit etwa die Hälfte Ausbildungsplätze an. Rund ein Viertel davon wird an Schüler und Schülerinnen der Erich Kästner-Schule in Kranichstein vergeben, die damit von der Wirtschaft im Stadtteil direkt profitieren können.

Der Grund, warum die andere Hälfte der Kranichsteiner Unternehmen (noch) nicht ausbildet, ist, dass es sich bei diesen Unternehmen überwiegend um Klein- und Kleinstunternehmen (< 10 Mitarbeiter/-innen), zum Großteil sogar nur um Betriebe mit einem/einer Mitarbeiter/-in handelt, die damit nicht über die personellen und oft auch nicht über die finanziellen Ressourcen verfügen, einen Praktikums- oder Ausbildungsplatz anzubieten.

Dies verdeutlicht wiederum die Struktur der vielen kleinen Einzelhandelsunternehmen, die die Versorgung des Stadtteils aufrecht erhalten. Mittlere (< 250 Mitarbeiter/-innen) und Großunternehmen (> 250 Mitarbeiter/-innen) sind in Kranichstein fast nicht vertreten.

Wir haben es also mit vielen sehr kleinen Unternehmen zu tun, die den Wirtschaftsstandort prägen. Diese sind zwar nicht kurzfristig, aber zumindest mittel- und langfristig ein wichtiger Partner auch für die Schule vor Ort, wenn es um die Versorgung mit Praktikums- und Ausbildungsstellen geht.

Die ungenutzten Potenziale für Praktikum, Ausbildung und Beruf sowie den spezifischen Qualifizierungs-, Beratungs- und Förderbedarf von kleinen und Kleinstunternehmen wollen wir im Rahmen des Interessenverbunds Lokale Ökonomie in den kommenden zwei Jahren noch genauer analysieren und nach Möglichkeit entsprechende Angebote mit initiieren.

Gerade beim Thema Praktikum und Ausbildung wollen wir die Betriebe vor Ort stärker in das "Übergangsmanagement" Schule-Beruf einbeziehen.