Die Lebende Bibliothek ermöglicht die Begegnung zwischen Menschen, die sich anderswie und anderswo vielleicht nie begegnet wären.
Unsere Lebenden Bücher sind Menschen, die sich für Gespräche zur Verfügung stellen. Leser:in und Lebendes Buch unterhalten sich, meist 30 Minuten lang. In der Regel erzählen die Bücher von ihren Erfahrungen und die Leser:innen stellen Fragen, auch solche, die sie bisher vielleicht nie stellen konnten.
Alle haben Vorurteile. Besonders von bestimmten Gruppen – "die" Ausländer, "die" Behinderten, "die Juden", "die" Homosexuellen, "die" Arbeitslosen, "die" Frauen – hat man vorgefertigte Bilder und Meinungen im Kopf – manchmal keine sehr positiven. Vorurteile sind langlebig und für diejenigen, die an sie glauben, meist auch ziemlich nützlich. Denn mit ihrer Hilfe kann man sich nicht nur die Welt leichter erklären, sondern auch die eigenen gesellschaftlichen Privilegien und Machtpositionen rechtfertigen und sie gegen die Ansprüche "der Anderen" verteidigen.
In der Lebenden Bibliothek werden die Bilder von Menschen mit echten Menschen konfrontiert: Plötzlich sitzt Dein Vorurteil vor Dir. Im Gespräch mit einem Lebenden Buch erfahren Leser:innen nicht nur Informatives über das Leben der Anderen. Vor allem geht es darum, miteinander statt nur übereinander zu reden, auch über Erfahrungen von Benachteiligung und Diskriminierung. Die Begegnung im Dialog von Mensch zu Mensch steht im Mittelpunkt. Sie ist nachweislich eine der effektivsten Methoden zum Abbau von Vorurteilen. Die Lebende Bibliothek soll so auch für gesellschaftliche Themen sensibilisieren und zur Solidarisierung mit Benachteiligten beitragen.
Sie schafft einen geschützten Raum für den Dialog zwischen Minderheiten und Menschen, die zur Mehrheitsgesellschaft zählen, zwischen mehr und weniger Privilegierten, zwischen Menschen, die es leichter haben und Menschen, die es – aus unterschiedlichsten Gründen – schwerer haben, ihr / unser aller Recht auf Teilhabe zu realisieren.
Die Lebende Bibliothek ist – auch wenn die Begegnungen authentisch sind – zugleich eine Art Spiel. Es wird eine Leihbibliothek inszeniert mit eigener Bibliotheksordnung, mit Lebenden Büchern und einem Bibliothekskatalog, mit Bibliothekar:innen und mit Leser:innen.
Das Motto der Lebenden Bibliothek lautet: "Sprich mit Deinen Vorurteilen!" Unsere Grundannahmen sind: 1. Alle Menschen haben Vorurteile, 2. Begegnungen auf Augenhöhe können Vorurteile reduzieren.