Gruppenfoto in Graz | Foto: Christoph Klinger © ROPE

Dies ist der Reisebericht der Darmstädter Delegation zum "European Youth Summit 2008 »Under the EU-mbrella: Welcome Diversity« Europe’s Youth in an Intercultural Dialogue" (18.07.-27.07.2008)

Verfasser: Paul Czekalla, Christoph Klinger, Vanessa Schelper
Veranstalter: Europazentrum – Europahaus Graz
Veranstaltungsort: Land- und Forstwirtschaftliche Fachschule Hafendorf/ Kapfenberg

Der Weg nach Kapfenberg

von Vanessa Schelper

Freitagmorgen, der 18.07.2008 – Darmstadt Hauptbahnhof. Früh. Sehr früh. Während einige noch mit dem Anfahrtsweg kämpfen, versuchen andere, das versäumte Frühstück nachzuholen. Der Rest scheint mental noch nicht vollständig anwesend zu sein.

Begleitet von Sven Rasch, der das Abschiedskomitee bildet, begeben sich die 7 mutigen Heiner auf die spannende Reise in eine weit entfernte Welt (so lässt es zumindest die Reisezeit von 9 Stunden 37 Minuten vermuten) – auch bekannt als Österreich.

Schnell konnten wir feststellen, dass die ÖBB (Österreichische Bundesbahn) der Deutschen Bahn in nichts nachsteht, und so wurden wir kreuz und quer durch das Land geschifft, Verspätungen, Ausfälle und Schienenersatzverkehr inklusive. Nach dieser abenteuerlichen Fahrt, die uns allen doch sehr an die körperlichen Reserven ging – denn mit Schlafen war bei dem häufigen Umsteigen nicht allzu viel – wurden wir von Tobias, einem der österreichischen Betreuer, freundlich empfangen und abermals per Bus in unsere Unterkunft gebracht. Diese stellte sich als Land- und Forstwirtschaftliches Internat in Kapfenberg heraus, was wohl so einige von Ferien auf dem Bauernhof träumen ließ. Ganz so war es dann doch nicht, was aber nicht im Geringsten negativ gemeint ist. Das Internat lag etwas abseits zwischen Wiesen und Feldern und gab während der gesamten Zeit keinen Anlass zur Klage. Christoph wurde in einem Betreuerzimmer untergebracht. Eun-Cheong und Vanessa durften ein 3-Bett-Zimmer ihr eigen nennen und auch die 4 Herren der Schöpfung, Essayas, Rachid, Nassim und Paul, waren in einem großen 6-Bett-Zimmer untergebracht. Jungs und Mädchen natürlich streng getrennt auf verschiedenen Stockwerken, so wie es sich bei den katholischen Österreichern gehört! Auch die Mahlzeiten waren, wie wir gleich nach unserer Ankunft feststellen durften, wohl besser als in so manchem Hotel (nicht zuletzt dank Klara, der inoffiziellen Herbergsmutter, die uns jeden Wunsch von den Augen ablas). Und so waren schon zu Beginn die größten Sorgen aus der Welt geschafft.

Ziel und Ablauf der Veranstaltung

von Christoph Klinger

Der "Europäische Jugendgipfel" , der dieses Jahr unter dem Motto "»Under the EU-mbrella: Welcome Diversity« Europe’s Youth in an Intercultural Dialogue" stand, fand nunmehr zum dreizehnten Mal statt. Die Veranstalter beabsichtigen, einen Beitrag zum "Europäischen Jahr des Interkulturellen Dialogs" zu leisten. Zwar kamen junge Europäerinnen und Europäer aus sechs verschiedenen Ländern offiziell zur Erarbeitung einer gemeinsamen Deklaration, die die Sicht der Jugendlichen auf Einwanderung, Integration und Interkulturellen Dialog repräsentiert, nach Kapfenberg, doch auch das informelle Kontakte knüpfen, Feiern und Spaß haben kann nicht hoch genug geschätzt werden. In diesem Sinne wurden gerade Fertigkeiten wie Teamwork und Austausch von Meinungen und Standpunkten unter demokratischen Bedingungen aktiv gelebt und eingeübt.

Während in den vergangenen Jahren in Kapfenberg vornehmlich Parlamentssimulationen durchgeführt wurden, wurde diesmal der Versuch unternommen, einen wissenschaftlichen Kongress zu simulieren, dessen Aufgabe es war, Forderungen an die europäische Politik und Lösungsansätze für die Herausforderungen Migration und Integration zu skizzieren. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer übernahmen quasi die Rolle von Expertinnen und Experten. Daher wurde gleich in der ersten Phase des Kongresses die Wissensbasis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch Exkursionen, Expertenhearings, Vorträge, Podiumsdiskussionen und Plenardebatten verbreitert. In der zweiten Phase konstituierte sich der Kongress nach demokratischen Spielregeln: Kandidaten für die Ämter, wie beispielsweise Präsident oder Arbeitsgruppenleiter, wurden vorgeschlagen und anschließend gewählt. In der dritten Phase verteilten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf verschiedene Arbeitsgruppen. Abschließend wurden die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen zusammengetragen und in Form einer Deklaration redigiert. Schlussendlich wurde die Deklaration von Kapfenberg Vertretern der Europäischen Union in Wien überreicht.

Input- und Konstituierungsphase

Die nächsten Tage waren von einem ambitionierten Programm und stringenten Abläufen gekennzeichnet, die auch vor dem Freizeitprogramm nicht haltmachten.

Am ersten Tag versammelten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer um 9 Uhr im Plenum, um den Ausführungen Dr. Tafners zu folgen. Der Referent gab einen instruktiven Überblick über Entstehung, Funktionsweise und zukünftige Herausforderungen und Aufgaben der EU, wobei er ein besonderes Augenmerk auf die für die Konferenz relevanten Zusammenhänge wie "Pluralismus", "Toleranz" und die Frage nach einer "europäischen Identität" legte. Hierbei vertrat Tafner die Auffassung, dass in einem pluralistischen Europa Identität und Werte nicht in einem top-down-Prozess verordnet werden können. In diesem Sinne erteilte er auch der Sehnsucht nach einer einheitlichen europäischen Identität, die vergleichbar mit nationalen und anderen kollektiven Identitäten wäre, eine Absage. Europa zeichnete über Jahrhunderte nicht die Existenz einer politischen Einheit aus, sondern die Koexistenz vieler Nationen und Kulturen, wenngleich in der europäischen Geistesgeschichte ‑ den zahllosen Kriegen und Konflikten zum Trotz ‑ die einigende Vorstellung vom Abendland weiterhin aufrechterhalten wurde. Nach Tafners Auffassung sollte sich in einem "Europa der Vielfalt" die europäische Identität auf ein Interesse an dem politischen Prozess in Europa und auf das Wissen um die europäischen Institutionen beschränken – ergänzt um das Eintreten für Toleranz.

Im Anschluss an den Vortrag entstand noch eine Diskussion über den möglichen Beitritt der Türkei zur EU und über Agrarsubventionen sowie deren Auswirkungen für Schwellen- und Entwicklungsländer. Anschließend folgte ein Vortrag über die Institutionen der EU, den Politikwissenschaftstudenten der polnischen Delegation erarbeitet hatten.

Nach so viel intellektueller Arbeit stand für den Nachmittag körperliche Aktivität auf dem Programm. Wir unternahmen eine zweistündige Wanderung zur Festung Kapfenberg . Abends wurde gegrillt; wer nun annahm, dass wir den Abend mit gefüllten Bäuchen gemütlich ausklingen lassen sollten, sah sich getäuscht. Eine steyrische Trachtengruppe spielte zum Tanz auf und animierte mit Charme auch die Tanzmuffel unter den Teilnehmern. Bei den meisten Volkstänzen konnten auch ungeübte Tänzer mit viel Spaß den Schritten halbwegs folgen, doch beim Schuhplatteln , Ausweis steyrischer Männlichkeit, war die Koordination fast aller Körperteile erforderlich, was nicht jedem leicht fiel.

Am Sonntagvormittag referierte jede nationale Delegation über die Einwanderung und Integration sowie gegebenenfalls über die Situation der nationalen Minderheit(en) in ihren Ländern. Wir Darmstädter machten hierbei den Anfang. Der erste Teil unseres Vortrags bestand aus einigen Zahlen über den Anteil der in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund. Anschließend gaben wir einen historisch-genetischen Überblick über die Entwicklung der Immigration und Integration, wobei wir einen besonderen Schwerpunkt auf die daraus resultierenden Reaktionen des politischen Systems und die daran anknüpfenden gesellschaftlichen Diskurse legten. Vorläufiger Schlusspunkt der Entwicklung auf nationaler Ebene stellte aus unserer Sicht die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts und das im Anschluss an den Bericht der Zuwanderungskommission 2005 verabschiedete "Zuwanderungsgesetz" [1] dar. Schließlich und endlich durfte aus unserer Sicht auch ein Blick auf die lokale Ebene nicht unterbleiben, da Integration de facto als sozialräumlicher Nahprozess zu betrachten ist, der von staatlichen, semistaatlichen Institutionen und NGOs befördert werden kann und muss. Wir wählten zur Illustration dieser These das Kranichsteiner V.I.P.eers-Projekt und das europaweite E.A.S.Y.-Projekt (European Activities to Strengthen Youth)[2] aus. Die beiden Projekte stehen insofern miteinander in Verbindung, als das was im V.I.P.eers-Projekt auf lokaler Ebene stattfindet: peer education und von Jugendlichen getragene Präventionsarbeit, im E.A.S.Y.-Projekt auf einer europäischen Ebene mit Partnern aus fünf Ländern gemeinsam reflektiert und inhaltlich-konzeptionell weitergeführt wird; dabei steht der Erfahrungsaustausch mit anderen Jugendlichen im Mittelpunkt. Besonders die Teilnehmer Essayas Afewerkie-Tekie, Nassim Beyay, Rachid Bouji und Paul Czekalla, die sowohl im Kranichsteiner V.I.P.eers-Projekt als auch im E.A.S.Y.-Projekt engagiert sind, konnten anschaulich und aus erster Hand über ihre Erfahrungen berichten.

Am Montagvormittag wurde in Anwesenheit eines Vertreters der Stadt Kapfenberg die Konferenz als wesentlicher Programmbestandteil offiziell eröffnet. Anschließend wehte der Hauch der großen Politik durch die Tagungsräume. Die Botschaften einiger teilnehmender Länder, namentlich Polen, Tschechien und Türkei, hatten Vertreter zur Podiumsdiskussion entsandt. Abgerundet wurde dieser Experten- und Expertinnenrunde durch eine Vertreterin der Europäischen Kommission, die einige Ausführungen zur interkulturellen Situation Europas in praxi machte.

Am Montagnachmittag begann die Konferenzsimulation. Obwohl dieses Jahr in Kapfenberg eine wissenschaftliche Konferenz zum Thema Immigration, Integration und Interkultureller Dialog simuliert wurde, kam dies keinem Verzicht auf Politik gleich. Zunächst verteilten sich die Teilnehmer gleichmäßig auf die Arbeitsgruppen "Legale Migration", "Illegale Migration", "Integration", "Interkultureller Dialog" und "Menschenrechte und Demokratie". Wiederum andere Teilnehmer fanden sich in der "Pressegruppe" zusammen, die den Arbeitsprozess in den einzelnen Gruppen beobachtete, das Tagesgeschehen dokumentierte und in Form einer Wandzeitung täglich publizierte. Soweit – so gut; während sich diese Verteilung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einigermaßen geräuschlos vollzog, war die Besetzung der Ämter eine Frage von Einfluss und Macht ‑ kurzum eine politische Frage. Da die Nominierung der Kandidaten für die Ämter Präsident und Vizepräsident bei den nationalen Gruppen lag, begann schon lange vor Wahl und Nominierung eine informelle Entscheidungsfindung. Im Stile einer Hinterzimmerdiplomatie wurden Absprachen zwischen einzelnen Gruppen getroffen, um sich gegenseitig der Stimmen zu versichern. Da bei vier nationalen Delegationen zwei Ämter, nämlich Präsident und Vizepräsident, zu wenig Verhandlungsmasse boten, wurden kurzerhand die Ämter der task-group-leader ins bargaining einbezogen. Trotzdem kam es bei der Wahl zur Präsidentin zu einer Kampfabstimmung zwischen zwei Kandidatinnen und da die Stimmabgabe nicht gebündelt, sondern einzeln und geheim erfolgte, war es bis zur Auszählung spannend, wer nun die Nase vorne haben würde. Schließlich zeigte sich am Ende, dass die geschlossenen Bündnisse auch gehalten wurden.

Am späten Nachmittag kamen wir nach langen Debatten, Reden und Abstimmungen auch mal wieder an die frische Luft. Wir führten eine Befragung Brucker und Kapfenberger Bürger durch. Ein vereinfachter Fragebogen des Eurobarometers[3] in Englisch bildete die Grundlage für Straßeninterviews. Die Fragen drehten sich um die Einstellungen der Menschen zu den Themen Europa, Immigration, Integration und Interkultureller Dialog. Da wir als deutsche Gruppe in Österreich in punkto Landessprache eindeutig im Vorteil waren, verteilten wir uns auf die Gruppen, damit jedem nicht-deutschsprachigen Teilnehmer ein potentieller Dolmetscher zur Verfügung stand. Anschließend verfasste jede Gruppe eine kurze Zusammenfassung der Umfrageergebnisse auf Englisch.

Am Abend stand der Programmpunkt „Countries Evening“ auf der Agenda. Um unser Land und unsere Stadt vorzustellen hatten wir drei 10-Liter-Fässer Bier – immerhin waren wir insgesamt 50 Teilnehmer – , Brezeln und ein Quiz im Powerpointformat im Gepäck. Eingedenk der heftigen und teilweise polemisch geführten Debatte, die in Deutschland über die "Einbürgerungstests" geführt wurden, erschien es uns reizvoll, einige offizielle Fragen aus dem Einbürgerungstest neben weniger seriöse Fragen in unserem Quiz zu platzieren. So wurde genauso nach dem "speedlimit on German highway" (Autobahn) wie nach dem "animal on the flag" der Bundesrepublik Deutschland gefragt. Darüber hinaus lockerten wir das Quiz durch urdeutsche Traditionen des Karnevals auf, indem wir nach jeder richtig beantworteten Frage Kamellen in die Menge warfen.

Exkursion nach Graz

Dienstagmorgen war nicht der richtige Zeitpunkt zum Ausschlafen, obwohl es manch eine oder einer nach dem "Countries' Evening" sicher nötig gehabt hätte. Abfahrt des Busses nach Graz war schon um viertel vor acht. Dafür wurden wir durch einen Besuch bei ISOP (Innovative Sozialprojekte GmbH) in Graz mehr als entschädigt. ISOP kann unter Anderem auf einschlägige Erfahrungen auf dem Feld der interkulturellen Jugendarbeit zurückblicken und fühlt sich einem ganzheitlichen Ansatz verpflichtet, der auf einer Vernetzung zwischen Schulsozialarbeit, Jugendarbeit und Elternarbeit beruht. Aufgrund der Tatsache, dass auch in Österreich Heranwachsende mit Migrationshintergrund in höheren Bildungseinrichtungen unterrepräsentiert sind, liegt ein Schwerpunkt der Arbeit in den Bereichen Lernförderung und Vermittlung von Sprachkompetenz. Darüber hinaus ist ISOP auch in den klassischen Feldern Offene Jugendarbeit und Streetwork aktiv.

Gegen Mittag fand der Empfang im Rathaus der Stadt Graz statt. Auch bei der anschließenden Diskussion war das Podium hochkarätig besetzt, wenngleich die Übersetzung an diesem Tag zu wünschen übrig ließ. Bernd Schönegger (ÖVP) vertrat die Stadt Graz, Svetlana Podlesnik den Migrationsbeirat und Günther Bauer das Landesflüchtlingsreferat. Nachdem wir Grüße der Stadt Darmstadt bestellt und unserer Freude, endlich in unserer Partnerstadt zu sein, Ausdruck verliehen hatten, waren wir natürlich interessiert, wie nun auf kommunaler Ebene mit den Herausforderungen Immigration und Integration umgegangen wird. Trotz der Erfolge auf dem Gebiet der Administration wie Interkulturelle Öffnung der Verwaltung und die Verkürzung der Wartefristen bei der Bewilligung bei Wohnbeihilfen, machte die anschließende kontrovers geführte Debatte auch vor solch heißen Eisen wie "Parallelgesellschaften, "Grenzen der Toleranz" und "Veränderung von Stadtvierteln durch Migration" nicht halt.

Gestärkt vom leckeren städtischen Büffet machten wir uns auf, die Stadt zu entdecken.

Workshopphase: Einblick in die Arbeitsweise der Task Group „Integration“

Mittwochmorgen wurde die Konferenz fortgesetzt und trat nun in ihre heiße Phase ein. Nachdem unsere Arbeitsgruppe den Kranichsteiner V.I.P.eer Paul Czekalla zum Vorsitzenden gewählt hatte, machten wir uns daran, die Fakten zu eruieren und die wichtigsten Punkte für die interne Diskussion zu identifizieren. Wir gingen dazu über unsere Gruppe, die mit zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht gerade klein ausgefallen war, in Zweier-Teams aufzuteilen. Die Zweier- bzw. Dreierteams korrespondierten mit den Unterthemen der Task Group, die da waren:

Bildung und Erziehung
Arbeitsmarkt
Sozialstaat
Kultur, Toleranz und Religion

Bereits um elf Uhr musste der Gruppenvorsitzende auf der Pressekonferenz den "Journalisten" Rede und Antwort stehen. Für den Nachmittag war wiederum eine Plenarsitzung anberaumt, für die die Gruppenvorsitzenden kontroverse Themen zur Debatte vorzustellen hatten. Wir stellten die Frage in den Raum, ob die Teilnahme an Integrationskursen kostenpflichtig oder kostenlos sein sollte. Zudem wollten wir darüber debattieren, ob solche Kurse für Migranten obligatorisch oder freiwillig angeboten werden sollten. Unser zweites "heißes Thema" war der Zusammenhang zwischen Islam und Integration. Polemisch gewendet: Stellt der Islam ein Hemmnis für die Integrationsfähigkeit seiner Anhängerinnen und Anhänger dar? Um das Thema zu konkretisieren, machten wir es am Kopftuchstreit fest.

Aber damit noch nicht genug! Für die Plenardebatte nach dem Abendessen hatten wir noch ein vierseitiges Paper verfasst, das wiederum zur Debatte gestellt wurde. Nach diesem langen Tag sind wir dann alle erschöpft in unsere Betten gesunken.

Den ganzen Donnerstagvormittag waren wir damit beschäftigt, uns auf gemeinsame Forderungen und Standpunkte zu einigen. An dieser Stelle darf nicht unerwähnt bleiben, dass trotz aller Differenzen in der Sache die Atmosphäre in unserer Arbeitsgruppe von Toleranz und gegenseitigem Verständnis geprägt war; zu keinem Zeitpunkt wurde das übergeordnete Ziel, nämlich die Einigung auf zentrale Forderungen zur Verbesserung der Integrationsbemühungen, aus den Augen verloren.

Ein, wie wir fanden, schwieriges Unterfangen kam gegen Ende der Gruppenphase. Unsere gemeinsamen Ergebnisse mussten thesenartig in einen einseitigen Forderungskatalog, und dies natürlich noch in Englisch, transferiert werden. Gegen Mittag war dieser Prozess abgeschlossen.

Am Nachmittag trafen sich die Präsidentin, der Vizepräsident, die Vorsitzenden der Task Groups, die Gruppenleiter sowie die Organisatoren zur Redaktionskonferenz. Wir unterzogen alle Forderungen der einzelnen Gruppen einer kritischen inhaltlichen und formalen bzw. grammatikalischen Überprüfung. Die Mehrzahl der Forderungen war Konsens, doch einige Punkte und Formulierungen mussten noch diskutiert werden. Wenn die Diskussion keinen Konsens erbrachte, wurden einzelne Forderungen zur Abstimmung gestellt. Gegen zehn Uhr abends waren die Arbeiten soweit gediehen, dass die nunmehr fertige „Deklaration von Kapfenberg“ im Plenum verlesen und mit überwältigender Mehrheit angenommen wurde.

Fahrt nach Wien, Übergabe der Deklaration von Kapfenberg und Abreise

von Paul Czekalla

Die Nacht war wieder zu kurz, da wir schon um Viertel vor sieben nach Wien aufbrechen mussten. Zu allem Überfluss hatten wir an diesem Tag auch noch die Pflicht, den wake-up-call, d.h. die anderen Teilnehmer auf die eine oder andere Art zum Aufstehen zu bewegen, durchzuführen. Nach den langen Verhandlungen sowie der Abschlussveranstaltung gestern war das Aufstehen für die Busfahrt wohl für die meisten nur eine kurze Unterbrechung zwischen zwei Schlafphasen. Als Schlusspunkt der Konferenzsimulation wurde im Büro der Europäischen Kommission in Wien unsere „Deklaration von Kapfenberg“ im Namen der Jugend Europas vor Vertretern der Kommission sowie der Presse verlesen und abschließend noch von uns kommentiert. Aufgrund der sehr positiven Reaktionen gingen wir erleichtert und erfreut auf Stadtbesichtigung. Wien ist eine wunderschöne Stadt und Dank des guten Wetters wird uns dieser Spaziergang wohl lange in Erinnerung bleiben. Er begann an der Oper, führte durch eine Einkaufsstraße zum Stephansdom, von da über die Pestsäule und Heldenplatz zum Museumsquartier, wo wir die längste Zeit verbrachten. Von dort schlenderten wir durch die große Mariahilferstraße zum Westbahnhof, wo wir schließlich in die Wiener U-Bahn einstiegen, die uns wieder zurück zur Oper brachte. Nach dem Abendessen in einer Gaststätte – auf der Speisekarte stand natürlich Wiener Schnitzel ‑ , verbrachten wir unsere letzten Stunden in der Stadt im Prater.

Nach den turbulenten Tagen konnten wir samstags noch etwas ausspannen, Reiseproviant einkaufen, Fußballspielen und Kräfte für die Abschiedsfeier sammeln. Einziger offizieller Programmpunkt war noch die abschließende Evaluation.

Die Rückfahrt glich der Hinfahrt bis aufs Haar. Trotz alledem sind wir alle gesund und glücklich, und um viele Erfahrungen und Eindrücke reicher daheim angekommen.

Abschließende Bemerkungen: Danksagungen und Feedback der Teilnehmerinnen und Teilnehmer

von Christoph Klinger

Wir bedanken uns bei unseren Gastgebern in Österreich , dem Büro für Städtepartnerschaften und Internationale Beziehungen der Wissenschaftsstadt Darmstadt , bei Netzwerk ROPE e.V. und dem E.A.S.Y.-Projekt sowie dem Interkulturellen Büro der Wissenschaftsstadt Darmstadt , namentlich bei Frau Dr. Latorre , deren Präsentation "Integration und Prävention" uns bei der inhaltlichen Vorbereitung der Reise half.

Wie bereits an der einen oder anderen Stelle im Text angedeutet, hätten wir uns mehr Freizeit zur freien Gestaltung gewünscht. Weniger wäre hier sicherlich mehr gewesen. Auch sollte man u.E. die Fähigkeit Jugendlicher, sich einige Stunden am Tag selbst zu beschäftigen nicht unterschätzen.

Angesichts des intellektuellen Niveaus in Kapfenberg wies die Vorbereitung der Reise noch Lücken auf. Zwar verfolgen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen als politisch interessierte Jugendliche die Tagespresse und kennen die Phänomene Einwanderung und Integration aus dem Alltag – mancher der Teilnehmer aufgrund der eigenen Biographie ‑ , doch bestand noch Informationsbedarf bezüglich europäischem Recht, Menschenrechtskonventionen und bereits bestehenden Programmen der EU. Allerdings war dieser Umstand nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass wir alle zum ersten Mal an dieser Veranstaltung teilnahmen. Alle anderen Gruppen hatten im Schnitt mindestens eine Teilnehmerin oder einen Teilnehmer mit Kapfenberg-Erfahrung in ihren Reihen.

Resümee Paul Czekallas, Teilnehmer und task group leader

von Paul Czekalla

Es waren sehr anstrengende Tage, in denen ich jedoch auch sehr viel gelernt habe. Man hat viele neue Menschen kennen gelernt, sich ausgetauscht und Informationen über die Situation in den einzelnen Ländern ungefiltert und aus erster Hand, d.h. von Einheimischen, erhalten. Die Vorträge waren allesamt sehr interessant, und in den Arbeits- sowie Präsentationsphasen hat man Eindrücke gewonnen und Dinge gelernt, die sicherlich im weiteren Leben noch nützlich sein werden.

Ich würde jeder Zeit wieder an einer Veranstaltung des Europazentrums Graz teilnehmen und wüsste nun, was auf mich zukommt.


[1] Der Name des Gesetzes ist ein Wortungetüm. Offiziell lautet er: Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz)

[2] Während E.A.S.Y. sich anteilig aus Mitteln der Kommission und aus Eigenmitteln des Projektträgers Netzwerk Rope e.V. finanziert, trägt die Stadt Darmstadt die Kosten für das Engagement vor Ort im V.I.P.eers-Projekt.

[3] Das Eurobarometer , das von der Europäischen Kommission in Auftrag gegeben wird, erfragt regelmäßig die Einstellungen der EU-Bürger zu Europa-relevanten Themen wie beispielsweise europäische Einigung, europäische Institutionen und gemeinsame Währung

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